Unfallschaden am Oldtimer: Die Rolle des Kfz-Gutachters
Unfallschaden am Oldtimer: Die Rolle des Kfz-Gutachters
15.10.2025 17:17 vonFür viele in der Motorszene ist ein Oldtimer oder Youngtimer mehr als nur ein Auto. Es ist ein rollendes Kulturgut, eine Wertanlage und oft die Erfüllung eines lang gehegten Traumes, auf den man meist jahrelang hinarbeitet. Doch wenn das geliebte Fahrzeug in einen Unfall verwickelt wird, sind die emotionalen und finanziellen Folgen gravierend. Genau hier beginnt die unverzichtbare Arbeit des Kfz-Gutachters. Bei modernen Fahrzeugen regeln Versicherungen Schäden oft standardisiert über Kostenvoranschläge oder Software. Bei klassischen Autos funktioniert das nicht, denn ihr Wert bemisst sich nicht nur am Alter, sondern an Zustand, Originalität und der extrem komplexen Ersatzteillage.
Warum ein Kfz-Gutachten unverzichtbar ist
Das erste und wichtigste Argument für einen spezialisierten Kfz-Gutachter ist die Wertermittlung, denn der Oldtimer wird im Laufe der Jahre wahrscheinlich im Wert steigen, während die Standardversicherung nur den letzten offiziellen Wert kennt und die Wertermittlung nur daran festmachen kann. Ein Wertgutachten, oder eine Kurzbewertung, sollte bei einem Oldtimer daher in regelmäßigen Abständen erstellt werden. Der Kfz-Gutachter prüft dabei akribisch drei verschiedene Grundsätze:
• Die Zustandsnote: Die detaillierte Klassifizierung des Fahrzeugs von 1 (makellos) bis 5 (restaurierungsbedürftig),
• der Marktwert: Der aktuelle Wiederbeschaffungswert auf dem regionalen und überregionalen Sammlermarkt,
• und die Originalität: Sind Motor, Getriebe und Karosserie Originale? Wurden Reparaturen mit originalgetreuen Teilen durchgeführt?
Dieses Dokument ist die Garantie dafür, dass im Schadensfall nicht der Bagatellwert, sondern der reale Sammlerwert zugrunde gelegt wird. Ohne ein aktuelles, anerkanntes Gutachten läuft man Gefahr, dass die Versicherung nur den Bruchteil des tatsächlichen Wertes erstattet. Und wie KFZ-Gutachter Gabriel Raiolo aus Hamburg treffend erklärt: “Seinem Oldtimer gegenüber hegt man Gefühle, die mit einer finanziellen Entschädigung kaum wieder gut zu machen ist. Hier geht es um andere Werte.”
Schutz vor der "Totalschaden"-Einstufung im Fall des Unfalls
Ein leichter Heckschaden an einem 50 Jahre alten Mercedes könnte laut Standardtabelle schnell zum wirtschaftlichen Totalschaden erklärt werden. Hier schlägt die Stunde des unabhängigen Kfz-Gutachters, denn klassische Fahrzeuge haben oft einen besonderen Liebhaberwert, der über den reinen Reparaturwert hinausgeht. Ein versierter Sachverständiger berücksichtigt bei der Kalkulation deshalb zwei zentrale Punkte:
1. Die 130%-Regelung: Bei Oldtimern kann die Grenze für Reparaturkosten auf bis zu 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes angehoben werden. Dies schützt das Liebhaberfahrzeug vor der vorschnellen Verschrottung und ermöglicht eine fachgerechte Instandsetzung.
2. Ersatzteilbeschaffung: Die Kosten für seltene, schwer beschaffbare oder aufwendig restaurierte Originalteile werden exakt berechnet. Dies ist oft teurer als ein Neuteil von der Stange, muss aber im Gutachten korrekt abgebildet werden, um die Originalität zu erhalten.
Ein Laie oder ein von der Gegenseite beauftragter Gutachter wird diese Aspekte leicht übersehen oder falsch bewerten. Als Geschädigter hat man aber stets das Recht, einen eigenen, unabhängigen Kfz-Gutachter zu wählen.
Der Sachverstand zählt
Ob es um die Erstellung eines Oldtimer-Gutachtens für das H-Kennzeichen geht, um die Bewertung von historischen Motorrädern oder um die korrekte Schadensabwicklung nach einem Parkrempler, die Expertise eines spezialisierten Kfz-Gutachters ist für jeden Fan klassischer Fahrzeuge ein Muss. Er stellt sicher, dass die Leidenschaft nicht nur auf Treffen bewundert, sondern auch im Falle eines Falles finanziell und rechtlich abgesichert ist. Ein Gutachten ist somit keine Pflicht, sondern eine kluge Investition in den Erhalt und den Wert des rollenden Schatzes.
